Europas Blick auf Frankreich: Ein Atemzug der Erleichterung mit Sorgenstrichen

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Europas Blick auf Frankreich: Ein Atemzug der Erleichterung mit Sorgenstrichen

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Wahlen in Frankreich für sich entschieden und damit einen ersten Schritt zur Stabilisierung Europas getan. Dieser Wahlausgang hat in Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten ein kollektives Aufatmen ausgelöst, da die Alternative, eine Präsidentschaft unter Marine Le Pen, für die Zukunft der EU befürchtete Folgen gehabt hätte. Doch trotz dieser Erleichterung bleiben Sorgenstriche, denn die politische Polarisierung in Frankreich bleibt bestehen und die sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen sind nach wie vor ungelöst.

Europa atmet auf: Frankreichs Wahlergebnis bringt Erleichterung – aber auch Sorgen

„Europa atmet auf“, ist die erste Reaktion von René Repasi, dem Chef der Europa-SPD in Brüssel, noch in der Wahlnacht. Tags drauf sagt auch sein Kanzler, er sei mit seiner gesamten Regierung „erleichtert“. Dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sich auf eine Zusammenarbeit mit einer rechtspopulistischen Partei einlassen müsse, sei „jetzt abgewandt“, unterstreicht Olaf Scholz beim Blick auf das Ergebnis der zweiten Runde vorgezogener Wahlen zur französischen Nationalversammlung.

Nach Stimmen ist der rechtspopulistische Rassemblement National von Marine Le Pen zwar mit Abstand stärkste Kraft geworden, doch bei den daraus resultierenden Sitzen im Parlament haben Macrons Liberale sogar noch stärker abgeschnitten. Das Wahlbündnis aus Kommunisten, Sozialisten und Grünen ist Wahlsieger geworden - wenn auch ohne absolute Mehrheit. Dank des Kampfes für Demokratie seitens des Linksbündnisses und der Wählerinnen und Wähler in Frankreich sei ein Durchmarsch des Rassemblement National verhindert worden, analysiert Repasi.

Ein Atemzug der Erleichterung – aber die Sorgen bleiben

Ein Atemzug der Erleichterung – aber die Sorgen bleiben

„Sie haben das Ruder herumgedreht und Frankreich vor einem historischen Tiefpunkt bewahrt, der ein absoluter Schock für Europa gewesen wäre“, erläutert der Sozialdemokrat und Europarechtler. Der SPD-Außenexperte Nils Schmid, zugleich Ko-Vorsitzender der deutsch-französischen Versammlung, erwartet nun in Frankreich nicht nur eine schwierige Regierungsbildung, sondern eine Instabilität des Landes. „Macron wird als Antreiber für die EU in Zukunft ausfallen“, fürchtet Schmid.

Anna Cavazzini, Vizechefin der Grünen im Europaparlament, bescheinigt zwar ebenfalls: „Brüssel und Berlin können aufatmen“. Sie weist zugleich darauf hin, dass sich viele Wählerinnen und Wähler lagerübergreifend für demokratische Kandidaten entschieden hätten - „oft auch gegen die eigenen politischen Überzeugungen“. Aber sie differenziert deutlich: Das gute Abschneiden des grün-linken-Bündnisses sei zwar ein „Lichtblick“, ein Grund zur Freude sei der Wahlabend jedoch nicht. „Jetzt gibt es in der Nationalversammlung eine so starke Repräsentation der extremen Rechten wie nie zuvor, die sie für die Vorbereitung der Präsidentschaftswahlen 2027 nutzen werden.“

Die Bilanz der Wahl ist durchwachsen

Zwiegespalten ist ebenfalls NRW-Europaminister Nathanael Liminski von der CDU. Dass der Rassemblement National seinen Erdrutschsieg bei der Europawahl nicht in eine Mehrheit in der Nationalversammlung ummünzen konnte, sei eine „gute Nachricht für ganz Europa“, sagt der Deutsch-Franzose unserer Redaktion. Eine von der Le-Pen-Partei geführte Regierung hätte nach seiner Einschätzung eine Selbstblockade Frankreichs bedeutet - mit weitreichenden Folgen für die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union.

Dennoch ist für Liminiski die Bilanz der Wahl „durchwachsen“. Denn die Franzosen hätten die von Macron per Neuwahl eingeräumte Gelegenheit nicht genutzt, die politische Mitte im Parlament zu stärken. „Diese droht zwischen dem Rassemblement National und dem Linksbündnis unter Führung von Luc Mélenchon aufgerieben zu werden“, sagt Liminski voraus. Niemand solle sich Illusionen machen über die Folgen eines weiteren Erstarkens der Kräfte um Mélenchon, dessen Haltung gegenüber Deutschland, der EU, der Nato und Israel „ebenso problematisch“ sei wie jene des Rassemblement National.

Liminski zieht auch eine Lehre für die politische Mitte in Deutschland im Umgang mit Populisten: „Absolute Klarheit in der politischen Abgrenzung und sichtbarer Fokus auf die Gestaltung der gesellschaftlich relevanten Themen wie Migration, Sicherheit und Arbeit.“

Die Zukunft Europas hängt von Frankreich ab

Wie stark die „Grand Nation“ angesichts dieses Wahlergebnisses nun noch auf europäischer Ebene auftreten kann, hängt sehr davon ab, welche Kohabitation, also welche Zusammenarbeit zwischen Präsident und Regierung aus verschiedenen Parteien, zustande kommt und wie die Hauptakteure ihre Rollen verteilen. Macron ist zwar daran beteiligt, welche grundsätzliche Richtung bei den Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs eingeschlagen wird, was dann allerdings beim konkreten EU-Recht daraus wird, ist Sache des Ministerrates, also der französischen Regierungsmitglieder.

Liminski erinnert an frühere Kohabitationen wie zwischen dem gaullistischen Präsidenten Jacques Chirac und dem sozialistischen Premier Lionel Jospin in den späten 1990er Jahren. Nach diesem Modell könne Macron jetzt auch „Taktgeber französischer Außen- und Europapolitik“ bleiben. Auf diese Weise bliebe Paris ein berechenbarer Partner sowohl für Berlin als auch für Brüssel.

Das sei „existenziell“ angesichts von Krieg, Krisen und Konflikten, denen sich die Europäer gemeinsam stellen müssten, unterstreicht Liminski. Der Deutsch-Franzose blickt zugleich auf die mögliche erneute Wahl von Donald Trump als US-Präsident und die anstehenden EU-Themen. Eine Stärkung des europäischen Pfeilers der Nato, eine Lösung der Migrationsfrage im europäischen Rahmen und auch eine Vervollständigung des europäischen Binnenmarktes seien jedenfalls „allesamt Vorhaben, die weder mit den extremen Linken noch mit den extremen Rechten in Frankreich umzusetzen wären“, lautet Liminskis Sorge. Vielmehr sei Europa auf eine Zusammenarbeit mit der politischen Mitte in Frankreich angewiesen. „Der Nationalismus führt, egal ob von rechts oder links“, zwangsläufig in eine Sackgasse“, warnt der CDU-Politiker.

Stefan Lehmann

Ich bin Stefan, ein Journalist von der Webseite Uslar Hier, einer nationalen Zeitung für das Zeitgeschehen. Ich liefere die neuesten Nachrichten mit strenger Objektivität und decke eine Vielzahl von Themen ab. Meine Artikel sind gut recherchiert und informieren die Leser über wichtige Ereignisse in der Welt. Meine Leidenschaft für den Journalismus und mein Streben nach Wahrheit spiegeln sich in meiner Arbeit wider, während ich stets daran arbeite, die Leser bestmöglich zu informieren.

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