NATO-Gipfeltreffen in Washington: Füllt Bundeskanzler Olaf Scholz das Machtvakuum des Westens aus?

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NATO-Gipfeltreffen in Washington: Füllt Bundeskanzler Olaf Scholz das Machtvakuum des Westens aus?

Am Rand des NATO-Gipfeltreffens in Washington stehen wichtige Fragen im Raum: Kann Bundeskanzler Olaf Scholz das Machtvakuum des Westens ausfüllen, das durch den Rückzug der USA entstanden ist? Der deutsche Regierungschef wird erwartet, dass er bei diesem Treffen eine führende Rolle einnimmt und die westliche Geschlossenheit stärkt. Doch welche Rolle wird Deutschland in Zukunft im westlichen Bündnis spielen? Und wie wird sich die deutsch-amerikanische Beziehung entwickeln? Diese Fragen werden auf dem NATO-Gipfel beantwortet werden.

Scholz: Der deutsche Kanzler als Füller des Machtvakuums im Westen?

Es wirkt, als sei etwas vom Kanzler abgefallen. Die Anspannung der vergangenen Wochen ist etwas gewichen, ein Lächeln, ein paar launige Bemerkungen sind zurück. Olaf Scholz war spätestens seit dem Europawahlabend vielleicht kein Schatten seiner selbst, aber auch nicht weit davon entfernt.

Es hatte etwas von einem Regierungschef auf Abruf, auch wenn der SPD-Politiker das weit, weit von sich gewiesen hätte. Doch bereits bei der Pressekonferenz nach der Haushaltseinigung am vergangenen Freitag, spätestens im Regierungsflieger nach Washington, merkt man dem deutschen Regierungschef an, dass ihm eine große politische Last von den Schultern genommen wurde.

NATOGipfeltreffen in Washington: Scholz auf der Suche nach seiner Rolle im Westen?

NATOGipfeltreffen in Washington: Scholz auf der Suche nach seiner Rolle im Westen?

Die Regierung befand sich, das gestehen Teilnehmer der Verhandlungen zu, durchaus am Rande des politischen Abgrunds. Am Abend vor der nächtlichen Einigung stand es Spitz auf Knopf. Politisch eingemauert, war der Bewegungsradius bei SPD und FDP nur noch sehr beschränkt, die menschlichen Beziehungen ausgereizt, die Nerven der Protagonisten, aber auch in ihrem Umfeld, aufgerieben.

Der Präsident wankt - Spekulationen über Bidens Gesundheitszustand - und doch, am Ende, genauer morgens um fünf, hat der Kanzler es als Verantwortlicher geschafft, die Regierung zusammenzuhalten. Und es damit vermocht, so kann man es aus der politischen Vogelperspektive durchaus betrachten, Deutschland nicht ins Chaos abgleiten zu lassen.

Der deutsche Kanzler auf Abruf: Scholz

Der deutsche Kanzler auf Abruf: Scholz' Chance, das Machtvakuum im Westen auszufüllen?

Auch wenn es die Stimmung im Land nicht so ganz hergibt, nüchtern betrachtet stehen die Karten für Olaf Scholz derzeit international nicht so schlecht. Er hat die Chance, als einer der wenigen verbliebenen westlichen Regierungschefs innerhalb der Staatengemeinschaft voranzugehen.

Seit dem desaströsen TV-Duell ist der Führer der westlichen Welt, US-Präsident Joe Biden, so stark unter Druck wie nie zuvor. Sein Führungsanspruch wird infrage gestellt, seine erneute Kandidatur für die Wahl im November ruht nur noch auf Treibsand.

Hält er daran fest, wird eine Niederlage gegen Herausforderer Donald Trump, der sich gerade nur zurückzulehnen braucht, deutlich wahrscheinlicher. Die Restrisikoversicherung des Westens - 75 Jahre Nato - wird infrage gestellt.

In deutschen Diplomatenkreisen äußert man sich zurückhaltend. In persönlichen Gesprächen in der jüngsten Zeit habe man geistig keinerlei Schwäche feststellen können, heißt es. Über den körperlichen Zustand äußert man sich nicht.

Der französische Präsident Emmanuel Macron wiederum, dem Scholz in einer Art On-and-Off-Beziehung verbunden ist, mit dem es also manchmal menschlich gar nicht und manchmal durchaus gut läuft, hat alles auf eine Karte gesetzt. Er rief nach der Europawahl Neuwahlen aus, mit ungewissem Ausgang.

In Großbritannien wiederum ist ein guter Bekannter von Scholz Premier geworden. Keir Stamer, Vertreter der Labour Party und damit in der sozialdemokratischen Parteienfamilie, aber ein absoluter Neuling auf internationalem Parkett. Er wird eine Zeit lang brauchen, sich zurechtzufinden.

Und so richtet sich der internationale Blick auf den deutschen Kanzler. Kann er das Machtvakuum füllen, das der Westen gerade bietet? Zweifel im In- und Ausland gibt es durchaus. Doch Scholz gibt noch eine andere Figur ab als beim G7-Gipfel kurz nach der Europawahl.

Dort fuhr seine Partei ein historisch schlechtes Ergebnis ein, der Haushaltsstreit lähmte die Regierung. Der Kanzler wollte in Washington unbedingt die Zwei-Prozent-Nato-Quote vorzeigen können – das ist trotz Haushaltsstreit gelungen. 2,19 Prozent sind es aktuell und damit ist Deutschland unter den 23 Mitgliedsstaaten, die das Militärausgabenziel erreichen.

Der SPD-Politiker muss außerdem weder über Vertrauensfragen noch Minderheitsregierungen nachdenken. Vorerst zumindest. Sein Land hat eine begeisternde EM ausgerichtet - auch nicht zu unterschätzen in diesen Zeiten.

Denn eigentlich sollte der Gipfel in dieser Woche in der Stadt, in der das Verteidigungsbündnis 1949 gegründet wurde, zur Feier der Nato-Erfolge werden. Aktuell ist die Stimmung aber eher düster. Dabei wäre der Jubiläumsgipfel eigentlich eine gute Gelegenheit für Biden, sich als starker Mann und Anführer des Westens zu inszenieren – und Zweifel an seiner geistigen und körperlichen Fitness zu zerstreuen.

Bilder von einem geschmeidigen Auftritt an der Seite ausländischer Staats- und Regierungschefs und deren öffentliche Unterstützung könnten dem Demokraten Rückenwind verleihen. Doch nun wird der Gipfel eher zur Bewährungsprobe: Jede Regung des Präsidenten wird genaustens verfolgt werden. Mit besonderer Spannung wird die Abschlusspressekonferenz am Donnerstag erwartet, bei der Biden auch Fragen von Journalisten beantworten will.

Scholz hat sich bisher nicht als jemand hervorgetan, der in der Nato voranmarschiert. Gerade in der Ukraine-Politik hat er sich stets an den USA orientiert. In Scholz‘ Umfeld gibt man sich sehr zurückhaltend, wenn es um die Frage einer größeren deutschen Rolle geht. Man fahre gut damit, sich selbst diese Rolle nicht zuzuschreiben. Umso besser, wenn es andere tun, wäre die Scholz´sche Übersetzung dieses Anspruchs.

Udo Schmid

Ich bin Udo, Experte von der Webseite Uslar Hier, einer nationalen Zeitung für das Zeitgeschehen. Mit strenger Objektivität präsentiere ich die neuesten Nachrichten, um Leserinnen und Leser stets informiert zu halten. Meine Berichte sind gründlich recherchiert und bieten einen umfassenden Überblick über aktuelle Ereignisse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Vertrauen Sie auf meine Expertise, um stets auf dem Laufenden zu bleiben.

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