Trauer um Icek Ostrowicz, Überlebender des Holocaust: Mönchengladbach trauert um einen ihrer letzten verbliebenen Augenzeugen

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Trauer um Icek Ostrowicz, Überlebender des Holocaust: Mönchengladbach trauert um einen ihrer letzten verbliebenen Augenzeugen

Die Stadt Mönchengladbach trauert um einen ihrer letzten verbliebenen Augenzeugen des Holocaust. Icek Ostrowicz, ein Überlebender der Shoah, ist kürzlich verstorben. Mit seinem Tod verliert die Stadt einen wichtigen Zeugen der Geschichte, der die Grauen des Zweiten Weltkriegs hautnah miterlebt hat. Durch seine Erzählungen und seine Zeugenaussagen hat er vielen Menschen geholfen, die Dimensionen des Holocaust zu verstehen. Sein Nachlass wird als wichtiger Zeitzeuge der Geschichte Mönchengladbachs für immer in Erinnerung bleiben.

Trauer um einen der letzten verbliebenen Augenzeugen des Holocaust: Mönchengladbach trauert um Icek Ostrowicz

Shalom, Frieden ist das Wichtigste überhaupt. Diesen unerschütterlichen Grundsatz betonte das Mönchengladbacher Ehepaar Ostrowicz, kurz bevor Icek Ostrowicz im Juli 2023 für seine Haltung, sein Engagement für die Bildung junger jüdischer Menschen und seinen Einsatz für die Versöhnung zwischen den Religionen mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.

Nathanael Liminski, Minister und Chef der Staatskanzlei, sagte bei der Verleihung des Ordens: „Seit vielen Jahrzehnten setzt sich Icek Ostrowicz für den interkulturellen Dialog, für die Förderung junger Menschen und für die Belange der jüdischen Gemeinde in Mönchengladbach ein. Icek Ostrowicz ist eine Persönlichkeit mit gleichermaßen beeindruckender und herausragender Lebensleistung. Ich verneige mich vor so viel unerschütterlichem Lebensmut und großem Engagement.“

Wenige Wochen nach seinem 97. Geburtstag ist Ostrowicz nun in dieser Woche, am 25. September, verstorben. Das teilte die jüdische Gemeinde in Mönchengladbach am Freitag mit.

Ein Leben für die Versöhnung: Mönchengladbach verliert einen wichtigen Botschafter für den interkulturellen Dialog

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Icek Ostrowicz wurde 1927 in Kielce in Polen als Sohn einer jüdischen Familie geboren. Als er zwölf Jahre alt war, marschierte die deutsche Wehrmacht in Polen ein, der Zweite Weltkrieg begann. Mit 13 Jahren wurde Icek Ostrowicz von seiner Familie getrennt und zur Arbeit verpflichtet. Zwei Arbeitslager, drei Konzentrationslager und einen Todesmarsch überstand er mit ungeheurem Lebenswillen, Mut und Glück.

Als er nach Ende des Krieges zurück in seine Heimatstadt kam, erfuhr er, dass seine gesamte Familie ins Konzentrationslager Treblinka deportiert und dort ermordet worden war. Daraufhin verließ er seine Heimatstadt und kam über Umwege 1947 als 19-Jähriger nach Mönchengladbach.

Im Rheinland startete er in ein neues Leben, baute sich ein Unternehmen in der Textilbranche auf. Am 1. Oktober 1950 meldete er bei der Stadt ein Gewerbe an und gründete die Firma Ostita Moden. Er wurde ein erfolgreicher Mode-Kaufmann, heiratete und bekam eine Tochter, später zwei Enkel.

„Ich lebe gerne in Deutschland, sehe nicht die Allgemeinheit, sondern immer den einzelnen Menschen“, sagte er einmal im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich schaue mir jeden genau an, es ist mir gleich, welche Herkunft und Religion er hat.“

Icek Ostrowicz war erfolgreich, obwohl ihm eine Schulbildung verwehrt geblieben war: Als Jude wurde er im sechsten Schuljahr von der Schule in Kielce verbannt, lernte aber früh, sich um Mutter und Geschwister zu kümmern. Nur der Großvater unterrichtete ihn ein wenig, vorwiegend in jüdischer Religion.

Als der Krieg beendet war, hatte Icek Ostrowicz weder Zeit noch Geld, aufs Gymnasium zu gehen: Es galt, zu überleben. Mit dem Rechtsanwalt Gerhard C. Starck verband ihn eine tiefe Freundschaft. Nach dessen Tod im Jahr 2000 war Ostrowicz wesentlich an der Gründung der Gerhard C. Starck Stiftung beteiligt, die Hunderten talentierten jüdischen Menschen mit einem Stipendium ein Studium ermöglicht hat.

Icek Ostrowicz selbst hat nie eine Universität besucht. „Mir ist das verwehrt worden, ich durfte nicht mal zur Schule gehen“, sagte er einmal.

Immer wieder gab er seine Haltung auch jungen Menschen weiter. Erst Anfang dieses Jahres noch wollte er als Zeitzeuge im Theater Mönchengladbach bei einer Gedenk-Veranstaltung für die Opfer des Holocausts auf dem Podium mitreden, musste dies aber aus gesundheitlichen Gründen absagen.

Icek Ostrowicz schreibt im Jahr 2011 die Schlussbuchstaben der neuen Tora-Rolle in der jüdischen Gemeinde Mönchengladbach persönlich. Er hatte die Tora gestiftet.

Auch in der jüdischen Gemeinde war Icek Ostrowicz über Jahrzehnte eine prägende Persönlichkeit. Zweimal stiftete er der Gemeinde eine neue Tora, die Heilige Schrift im jüdischen Glauben. Sie werden im Toraschrank aufbewahrt, dessen Vorhang er ebenso stiftete. Von seinem festen Platz in der ersten Reihe der vor drei Jahren sanierten Synagoge konnte der Gemeindeälteste die Schriften gut sehen. Dieser Platz wird nun leer bleiben.

Udo Schmid

Ich bin Udo, Experte von der Webseite Uslar Hier, einer nationalen Zeitung für das Zeitgeschehen. Mit strenger Objektivität präsentiere ich die neuesten Nachrichten, um Leserinnen und Leser stets informiert zu halten. Meine Berichte sind gründlich recherchiert und bieten einen umfassenden Überblick über aktuelle Ereignisse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Vertrauen Sie auf meine Expertise, um stets auf dem Laufenden zu bleiben.

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