So lesenswert sind die Erinnerungsfragmente von Zygmunt Bauman

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Zygmunt Bauman: Ein Leben zwischen Flucht und Überleben

Zygmunt Bauman, einer der wichtigsten Soziologen unserer Zeit, starb 2017 im Alter von 91 Jahren. Ein Jahr zuvor hatte er sein letztes Buch Die Angst vor den anderen veröffentlicht, ein Essay über Migration und die Panikmache in ihrem Gefolge. Nun sind seine Lebenserinnerungen erschienen, unter dem Titel Fragmente meines Lebens.

Die 300 Seiten speisen sich aus verschiedenen Textquellen, im Kern aus Briefen an seine Familie. Klug miteinander kombiniert, erzählen sie eine lesenswerte Geschichte, aber noch kein Leben. Es ist vor allem die Geschichte seiner Kindheit, seiner Jugend, seiner Zeit als junger Mann.

Ein Überlebenskampf

Ein Überlebenskampf

Dass von seiner Bücherleidenschaft permanent die Rede ist, mag man kaum erzählen. Weil doch die ersten Jahre im Leben des polnischen Juden ein reiner Überlebenskampf waren – geprägt von Flucht vor den Nazis, Flucht vor den Russen, Kampf ums tägliche Essen, um eine Unterkunft für die nächste Nacht, später auch der Kampf als junger Soldat gegen die deutschen Besatzer.

Eine Zeit voller Gewalt und Angst, unerwarteter Hoffnungen und eines erst langsam wachsenden Lebensmutes. Bauman selbst schreibt: Ich werfe mich in die Sprache hinein, tauche ab, taumele. Selten nur finden sich Einblicke wie diese, dass der Albtraum dieser Jahre weniger der Tod selbst ist als die Art des bedeutungslosen Dahinvegetierens.

Die Albträume der Kindheit

Das Erzählen macht frei, auch von Situationen zu schreiben, die – allerdings erst im Nachgang – komisch sind. Wie etliche Episoden über seinen zionistischen, weitgehend lebensuntüchtigen Vater und dessen Leben voller Katastrophen. Als einer der vielen Flüchtlingszüge bombardiert wird, verlässt der Vater die in einer Station wartende Bahn – auf der Suche nach Personal.

Er konnte, so Bauman, es einfach nicht ertragen, den ganzen Weg gereist zu sein, ohne ein Ticket bezahlt zu haben. Er konnte Unehrlichkeit nicht ausstehen, so Bauman, selbst in größter Lebensgefahr nicht.

Das Rätsel des Bösen

Baumans eigener Weg ist der verschlungene Pfad durch das furchtbare 20. Jahrhundert. Warum morden Menschen? Warum machen sie andere zu Opfern? Auch Bauman ist ratlos, bleibt am Ende aber ein klug Vermutender: Vielleicht rührt alles Leiden aus der Notwendigkeit zu vergleichen, wessen Blut roter ist. Vielleicht liegt das Böse im Vergleichen selbst.

Dass er sich in seinem letzten Buch zu Lebzeiten dem Leid der Flüchtlinge angenommen hat, wird darum auch seiner eigenen Erfahrung geschuldet sein.

Info: Zygmunt Bauman: Fragmente meines Lebens. Suhrkamp, 304 Seiten, 30 Euro

Andreas Möller

Ich bin Andreas, ein Redakteur der Website Uslar Hier, eine nationale Zeitung für das Zeitgeschehen. Als Redakteur auf dieser Plattform verfasse ich Artikel mit strenger Objektivität, um unseren Lesern stets die neuesten Nachrichten zu liefern. Meine Leidenschaft für Journalismus und mein Engagement für die Wahrheit spiegeln sich in meinen Beiträgen wider, während ich kontinuierlich daran arbeite, unsere Leserschaft mit relevanten und informativen Inhalten zu versorgen.

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