Lektüre im Zakk: Drei ostdeutsche Frauen trinken sich betrunken und gründen den idealen Staat“.

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Lektüre im Zakk: Drei ostdeutsche Frauen trinken sich betrunken und gründen den idealen Staat“.

In einer ungewöhnlichen Nacht, in der Alkohol und Literatur eine Rolle spielten, entstand eine revolutionäre Idee. Drei Frauen aus Ostdeutschland, die sich in einem Zakk (einer ostdeutschen Kneipe) trafen, beschlossen, nach ein paar Gläsern Bier ihre eigenen Staatsideale zu verwirklichen. Ohne große Pläne oder Vorbereitungen, aber mit einer Menge Enthusiasmus, gründeten sie ihren eigenen, idealen Staat. Doch wie gelang es ihnen, aus einer spontanen Nacht ein staatliches Projekt zu machen?

Drei Frauen, ein Traum: Ostdeutsche Frauen trinken sich betrunken und gründen den Idealstaat

Mehr Kollektiv ist kaum vorstellbar, mehr Solidarität auch nicht. Drei Frauen, in den Siebzigern in der DDR geboren, schreiben gemeinsam ein Buch. Das wohl eher bescheidene Honorar und die Tantiemen in nicht absehbarer Höhe wollen sie sich teilen.

Ihr Produkt, inzwischen gedruckt und vermarktet, nennen sie nach ihrer Grundabsicht: „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“. Ein durchaus lobenswertes Unterfangen. Wenn da nicht ständig ein Hadern dazwischengekommen wäre.

Bowle und Dialoge: Drei ostdeutsche Frauen schreiben ein Buch über den Idealstaat und ihre DDR-Erinnerungen

Bowle und Dialoge: Drei ostdeutsche Frauen schreiben ein Buch über den Idealstaat und ihre DDR-Erinnerungen

Die Schriftstellerinnen Annett Gröschner und Peggy Mädler sowie die Fotografin Wenke Seemann wollen sich nicht mit einer Wirtschaftsordnung abfinden, in die sie als Heranwachsende durch den Mauerfall geraten sind. Deshalb der Traum von einem „idealen“ Staat.

Doch das hehre Adjektiv will nicht so recht zu Bowle und Dosenfrüchten passen. Platon in der Platte, wie soll das gehen? Ihr altes System hat der DDR-Schriftsteller Stefan Heym als „Fußnote der Geschichte“ abgetan. Bei den drei Frauen aber blüht die Ostalgie.

„Wenn am Abend die Sonne in der Spree versinkt“ romantisieren sie jene andere Zeit. Dabei gab es nach dem Ende des Kriegs neben dem „Capri“-Lied von Rudi Schuricke auch in der SBZ eine Fassung mit dem Sänger Kurt Reimann.

Bei ihrer Buchvorstellung im Zakk beschworen die drei Berlinerinnen den Stolz der ehemaligen Arbeiterklasse: „Ich bin Bergmann, wer ist mehr?“ Keine Rede von den Umweltsünden in der Lausitz, dafür aber eine prickelnde Bowle für alle Gäste.

Den Untergang der DDR betrauern diese drei ostdeutschen Frauen nicht. Früher war nicht alles besser, sagen sie, es war aber manches gut. „Es war kein Zuckerschlecken, als Habenichtse in die Transformation zu gehen“, heißt es in ihrem Buch, gefolgt von einem Plädoyer für die Besitzlosigkeit.

„Wenn jemand mit einem Konzept des idealen Staats dahergelaufen kommt, danke ich ganz schnell: Die Partei hat immer recht. Wir sind ja in einer perfiden Inszenierung eines idealen Staats aufgewachsen“, sagt Peggy Mädler.

Mit ihrem vielseitigen und durchaus humorvollen Buch wollen Gröschner, Mädler und Seemann auch immer noch kursierende Stereotype über ostdeutsche Frauen ansprechen: „Es heißt, die seien Rabenmütter gewesen, die ihre Kinder um sechs in die Kita gebracht hätten, um sie nachts um zwölf wieder abzuholen. Na ja, aber sie konnten auf jeden Fall mehrere Einkaufsbeutel am Lenker ihres Fahrrads transportieren“.

Bei den nächtelangen Gesprächen fiel ihnen auf, dass sie ganz undialektisch, mit einem klaren Freund-Feind-Schema, aufgewachsen sind. Die Botschaft ihres Buchs lautet also auch, dass Dialoge eine richtig coole Sache sind.

Birgit Schäfer

Als Redakteurin und Chefredakteurin mit langjähriger Erfahrung bei Uslar Hier, der Nationalen Zeitung für das Zeitgeschehen, ist es meine Leidenschaft, die neuesten Nachrichten mit strenger Objektivität zu präsentieren. Mit einem scharfen journalistischen Blick und einem tiefen Verständnis für aktuelle Themen, bin ich stets bestrebt, qualitativ hochwertige Inhalte zu liefern, die unsere Leser informieren und zum Nachdenken anregen. Meine Arbeit bei Uslar Hier spiegelt meine Engagement für unvoreingenommene Berichterstattung und meine Liebe zur Sprache wider.

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