Grüner Zukunftskongress: Wie die Partei ihre inhaltliche Ausrichtung neu ausrichten möchte
Der Grüne Zukunftskongress steht vor der Tür und die Partei möchte ihre inhaltliche Ausrichtung grundlegend ändern. Die Frage nach der Zukunft der Grünen beschäftigt viele und die Erwartungen an den Kongress sind hoch. Die Parteispitze hat sich zum Ziel gesetzt, die politische Agenda neu auszurichten und die gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft anzunehmen. Doch wie genau soll dies umgesetzt werden? Werden die Grünen ihre ökologische Ausrichtung beibehalten oder neue Schwerpunkte setzen? Wir berichten live vom Grünen Zukunftskongress und bringen Ihnen alle wichtigen Infos und Entscheidungen.
Grüner Zukunftskongress: Wie die Partei ihre inhaltliche Ausrichtung neu ausrichten möchte
Die Grünen haben sich Großes vorgenommen an diesem Tag. Eine Spur zu groß, könnte man meinen. Denn die Partei will nichts weniger als die Zukunft vermessen und Ideen diskutieren, wie diese besser werden kann: wie Europa sicher und demokratisch bleiben kann, wie die Wirtschaft klimaneutral umgebaut werden, die Natur erhalten, die Demokratie vor zersetzenden Kräften geschützt, gesellschaftlicher Zusammenhalt gestärkt und Bildung gerechter werden kann.
All das wollen die Grünen an nur einem Tag besprechen. Na dann. Es ist der sogenannte Zukunftskongress, den die Grünen-Bundestagsfraktion am Montag in dem früheren DDR-Großraumkino „Kosmos“ im Osten Berlins veranstaltet. „Mut macht Zukunft“ lautet das Motto des Kongresses, das in dicken, bunten Lettern auf Programmheften und Leinwänden prangt.
Mut, den können die Grünen in diesen für sie so entmutigenden Tagen gut gebrauchen. Bei den jüngsten Wahlen lief es miserabel für die Partei, allen voran in den ostdeutschen Ländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Aus den wiederholten Misserfolgen zog der Bundesvorstand eine harte Konsequenz und kündigte geschlossen seinen Rücktritt an. Seither ist bei den Grünen viel von einem Neuanfang und von neuen Chancen die Rede.
Die Zukunft der Partei, die Zukunft des Landes – bei den Grünen wird gerade vieles neu verhandelt. Brantner und Banaszak kandidieren für neuen Grünen-Vorsitz. Dabei ist es ein zeitlicher Zufall, dass der Zukunftskongress weniger als eine Woche nach der spektakulären Rückzugsentscheidung der Parteispitze stattfindet. Das Format war von langer Hand geplant.
Auf zwölf sogenannten Zukunftsbühnen werden Fachthemen diskutiert, dazu kommen zwei Diskussionsrunden mit Grünen-Promis: Während Außenministerin Annalena Baerbock am Montagmittag über die Stärkung Europas spricht, knöpft sich Vizekanzler Robert Habeck zur Programmabrundung am Abend die Frage vor, „wie wir als Land vorangehen können“.
Der Mann, der die Grünen im Bundestagswahlkampf führen wird, soll den ganz großen Bogen spannen. So häufig dieser Tage von einem Neuanfang bei den Grünen gesprochen wird, so oft wird auch betont, dass es mit der personellen Neuaufstellung allein nicht getan sei. Auch strategisch will man sich neu aufstellen. Bislang blieb allerdings im Vagen, was konkret das heißen soll.
Beim Zukunftskongress wollen die Grünen anhand konkreter Themen Antworten geben. „Im Kern vertreten wir einen zukunftsoptimistischen Ansatz“, sagt Fraktionschefin Katharina Dröge bei der Begrüßung und setzt damit den Ton der Veranstaltung. Manchmal helfe der Blick von außen auf Deutschland, etwa wenn man von Auslandsreisen zurückkomme.
„Deutschland ist immer noch eines der sichersten, eines der bestfunktionierensten, eines der wirtschaftlich stärksten Länder auf der ganzen Welt“, sagt Dröge. „Aber wenn man Deutschland bei seiner eigenen Debatte zuhört, dann man das Gefühl, als wären wir irgendwie alle überall Letzter.“ Diesem Eindruck wollen die Grünen etwas entgegensetzen.
Es ist ein kühnes Unterfangen, schließlich genießt die Partei derzeit wenig Vertrauen. Selbst in ihrer Kernwählerschaft und unter jungen Wählern haben die Grünen deutlich an Zustimmung verloren. Die Mutmacher-Erzählung, an der beim Zukunftskongress gefeilt wird, soll helfen, die Stimmung zu drehen.
Die Grünen setzen auf Zukunft: Wie die Partei die Zukunft vermessen möchte. Ein positives Bild einer besseren Zukunft – das zu vermitteln, wollen die Grünen zu ihrem Alleinstellungsmerkmal im Wahlkampf machen. „Die Strategie vieler unserer politischen Mitbewerber ist ausgelegt auf Demobilisierung“, sagt Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann.
„Wir stellen uns dem entgegen.“ Dabei setzten die Grünen auf ihr Kernthemen, den Klimaschutz – wohlwissend, dass dieser stark unter Druck geraten ist. Klimaschutz sei nicht nur eine Frage der Grünen, setzt Dröge dem entgegen. „Klimaschutz, das ist Schutz unserer Heimat. Klimaschutz, das ist im Endeffekt Schutz all dessen, was uns lieb und teuer ist“, sagt Dröge unter dem Applaus des Publikums.
In einem Positionspapier zum Kongress schlagen die Grünen auch eine „Deutschland-App“ vor, die einen einfachen Zugang zu allen Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung gewähren soll, ob der Antrag für einen neuen Personalausweis oder das Einreichen der Steuererklärung. Auch schwebt den Grünen eine „Mobilitätsgarantie“ vor, die allen Menschen, auch in ländlichen Regionen, bis 2030 eine verlässliche Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ermöglichen und das Angebot entsprechend ausweiten soll.
Auf Zukunftsbühnen lassen sich viele Konzepte erdenken. Wie viel davon Realität wird, steht auf einem anderen Blatt.
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