Anne Brorhilker, die Ermittlerin im Cum-Ex-Skandal, äußert sich zu Wirtschaftskriminalität
In einem aktuellen Interview äußert sich Anne Brorhilker, die renommierte Ermittlerin im Cum-Ex-Skandal, zu den aktuellen Entwicklungen in der Wirtschaftskriminalität. Die Expertin für Finanzkriminalität gibt Einblicke in ihre jahrelange Erfahrung bei der Bekämpfung von Wirtschaftsdelikten und teilt ihre Einschätzungen zum aktuellen Stand der Cum-Ex-Affäre. In dem Gespräch spricht sie über die Herausforderungen, die Behörden bei der Ermittlung von Wirtschaftsstraftaten gegenüberstehen, und fordert eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Behörden, um effektiv gegen die organisierte Kriminalität vorgehen zu können.
Ex-Staatsanwältin kritisiert Nähe zwischen Banken und Politik im CumEx-Skandal
Mehr als 500 Menschen sind am Abend zu einem Auftritt der ehemaligen Cum-Ex-Chefanklägerin Anne Brorhilker ins Hamburger Rathaus gekommen. Die frühere Kölner Oberstaatsanwältin war auf Einladung der Linken in der Bürgerschaft nach Hamburg gekommen.
Die Ex-cum-ex-Ermittlerin kritisierte die kriminelle Energie, mit der Banker und Finanzinstitute durch Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte den Staat um viele Milliarden Euro Steuergeld gebracht hätten. Der Schaden durch Cum-Ex liege allein in Deutschland bei etwa zehn Milliarden Euro. Durch Cum-Cum-Geschäfte sei der Staat um fast 30 Milliarden Euro betrogen worden, wovon bisher lediglich ein Prozent zurückgeholt worden sei.
Steuerbetrug in Deutschland - eine kriminelle Energie
Bei beiden Geschäftsmodellen ließen sich Finanzakteure durch undurchsichtige Aktientransfers Steuern erstatten, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren. Behörden und Politik hätten es den Tätern leicht gemacht. Das Entdeckungsrisiko war sehr gering, der Tatanreiz sehr, sehr hoch, sagte Brorhilker.
Die kriminelle Energie, mit der Banker und Finanzinstitute den Staat um viele Milliarden Euro Steuergeld gebracht hätten, sei ein Beispiel dafür, wie Politik und Behörden es Betrügern leichtgemacht haben, sich zuvor gar nicht gezahlte Steuern erstatten zu lassen.
Zu viel Nähe zwischen Banken und Politik
Den Cum-Ex-Fall bei der Hamburger Warburg Bank nannte sie ein sehr plastisches Beispiel für zu viel Nähe zwischen Banken und Politik. Aus den von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Tagebüchern des Warburg-Gesellschafters Christian Olearius war hervorgegangen, dass dieser 2016 und 2017 insgesamt dreimal vom späteren Bundeskanzler und damaligen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) im Rathaus empfangen wurde - obwohl damals bereits wegen schwerer Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften gegen Olearius ermittelt wurde.
Cum-Ex funktioniert laut Brorhilker nur über Netzwerke. Und deshalb glaube ich, dass der Hamburger Fall ein sehr typischer ist.
Die ehemalige Staatsanwältin galt als wichtigste Ermittlerin im Cum-Ex-Steuerskandal. In rund 120 Verfahren wurde in Köln unter ihrer Führung gegen 1.700 Beschuldigte ermittelt.
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