- Patriarchat: Schädlich auch für Männer und kostenpflichtig für die Gesellschaft
- Patriarchat: Schädlich für Männer und kostspielig für die Gesellschaft
- Das Geschlechterrollen-Graben: Männerleben unter patriarchalen Druck
- Männerleben: Von patriarchalen Rollenmustern zu individuellen Freiheiten
- Kritik des Patriarchats
- Die Rolle der digitalen Netzwerke
Patriarchat: Schädlich auch für Männer und kostenpflichtig für die Gesellschaft
Das Patriarchat, ein System, das traditionell als männlich dominiert gilt, wirkt sich nicht nur schädlich auf Frauen und andere Geschlechter aus, sondern auch auf die Männer selbst. Diese überraschende Erkenntnis wird von Experten und Forschern immer wieder bestätigt. Die Umwandlung von Männlichkeit zu einer dominanten Rolle führt nicht nur zu einer eingeschränkten emotionellen Entwicklung, sondern auch zu einer hohen Kostenbelastung für die Gesellschaft. Der Preis für die Aufrechterhaltung des Patriarchats wird von der Gesellschaft als Ganzes gezahlt, von der Wirtschaft bis hin zu den sozialen Beziehungen. In diesem Artikel werden wir die Folgen des Patriarchats genauer unter die Lupe nehmen und die Frage beantworten, warum es Zeit ist, über eine neue Form von Männlichkeit nachzudenken.
Patriarchat: Schädlich für Männer und kostspielig für die Gesellschaft
Selige Zeiten, als Herbert Grönemeyer noch unbedarfte Zeilen dichten konnte wie „Männer führen Kriege / Männer sind schon als Baby blau / Männer rauchen Pfeife / Männer sind furchtbar schlau“. Mit seinen ironisch versammelten Klischees machte der beliebte Musiker der deutschen Öffentlichkeit Mitte der 1980er Jahre bewusst, wie Menschen in Geschlechterrollen gezwängt werden.
Das Geschlechterrollen-Graben: Männerleben unter patriarchalen Druck
Damals nahm die Debatte über „Machos“ und „Chauvis“ gerade Fahrt auf. Antworten auf die Frage, wann ein Mann ein Mann sei, wurden komplizierter. Zugleich wuchs das Bewusstsein dafür, dass der Mann „auf Mann geeicht“ wird. Dass Männlichkeit, das soziale Verhalten von Männern, also verhandel- und wandelbar ist.
Vierzig Debattenjahre später herrscht jedoch keineswegs ein breiterer Konsens darüber, was heute alles als männlich gelten darf und wie die Rolle so gestaltet werden kann, dass möglichst wenig Menschen leiden. Vielmehr hat sich auch in dieser Frage ein Graben aufgetan zwischen progressiven Vertretern einer neuen Männlichkeit, die auf individuelle Deutungsfreiheit setzt und feminine Anteile nicht leugnet, und jenen, die alte Muster bewahren wollen oder sogar mit neuer Vehemenz ein chauvinistisches Männerbild propagieren.
Männerleben: Von patriarchalen Rollenmustern zu individuellen Freiheiten
„Sexismus ist noch immer allgegenwärtig“, sagt Swantje Day. Für manche Heranwachsenden ist diese Vorstellung attraktiv, weil sie gerade in der konfusen Zeit der Pubertät ein klar definiertes Rollenbild vorgibt. Doch typisch männlich verstandenes Verhalten richtet Schaden an.
Der Wirtschaftswissenschaftler Boris von Heesen hat diesen Schaden sogar beziffert. In seinem Buch „Was Männer kosten“ rechnet er etwa Kosten für Gefängnisaufenthalte, Jugendhilfe, Suchtbehandlung und die Folgen von Diebstählen, Wirtschaftskriminalität, Hooligans, Verkehrsunfällen, ungesunder Ernährung, häuslicher Gewalt und klimaschädlichen Gewohnheiten zusammen. Toxisch männliches Verhalten belastet das Gemeinwesen demnach mit mindestens 63 Milliarden Euro pro Jahr.
Von Heesen will mit dieser Zahl verdeutlichen, wie schädlich Stereotype sind, die Männer noch immer dazu veranlassen, unvernünftige Dinge zu tun, weil sie als maskulin gelten. Und weil sie damit ihre Dominanz bewahren.
Kritik des Patriarchats
„Eine unpatriarchale Ehe kann es gar nicht geben“, sagt Bestsellerautorin Emilia Roig. Gewalt gehört noch immer zum vorherrschenden Bild von Männlichkeit in der Gesellschaft. Und aus dieser emotionalen Zurichtung wächst auch Gewalt von Männern gegen sich selbst, sagt die Soziologin und Autorin Veronika Kracher.
„Alles, was als weiblich wahrgenommen wird, dürfen Männer nach patriarchalen Denkmustern nicht zeigen. Dazu gehören Eigenschaften wie Rücksichtnahme, Anteilnahme, die Fähigkeit, Schwäche zu zeigen“, sagt Kracher. Natürlich habe es schon einen gewissen Wandel gegeben, mancher Anspruch an Männlichkeit sei aufgeweicht, aber viele Stereotype seien weiter wirksam – und würden in digitalen Netzwerken von selbsternannten Lebens- und Karrierecoaches wieder aufgewärmt und neu verbreitet.
Kritiker des Patriarchats wie Boris von Heesen leiten aus schädlichen Effekten toxischer Männlichkeit die Forderung ab, nicht „die Männer“ verantwortlich zu machen, sondern überholte Rollenstereotype. Er fordert also ein Umdenken der gesamten Gesellschaft und sieht auch Männer als Opfer des Patriarchats.
Die Rolle der digitalen Netzwerke
Influencer wie Andrew Tate im englischsprachigen Raum oder der AfD-Politiker Maximilian Krah in Deutschland haben mit chauvinistischen Videos eine riesige Gefolgschaft im Netz gesammelt. „Hass auf Frauen und Feminismus ist oft der Einstieg in rechtes und rechtsradikales Denken“, sagt Kracher.
„Ich bringe dir bei, wie du ein Mann wirst, wie du reich wirst, wie du dich durchsetzt – mit solchen Angeboten werden Influencer erfolgreich“, sagt Kracher, „sie predigen ein Weltbild, in dem alle gegeneinander kämpfen um Macht, Geld, Frauen und einander instrumentalisieren.“ Werte wie Empathie und Solidarität dürften da nicht vorkommen.
Es gehe um Härte, Kälte, Stärke, darum sei die Grenze zu faschistischen Menschenbildern fließend. An der Frage, wie selbstbestimmt Männer ihre eigene Rolle gestalten können, lässt sich der Freiheitsgrad einer Gesellschaft ablesen. Auch diese Freiheit steht unter Druck.
Schreibe einen Kommentar