Politische Auseinandersetzung um verbotene Bücher: Kulturkonflikt in den USA um 'Verbote der Bücher'

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Politische Auseinandersetzung um verbotene Bücher: Kulturkonflikt in den USA um 'Verbote der Bücher'

In den Vereinigten Staaten tobt ein Kulturkonflikt um verbotene Bücher. Die Debatte um die Zensur von Literatur hat sich in den letzten Monaten erneut entfacht. Konservative Kräfte setzen sich für ein Verbot bestimmter Bücher ein, die sie als unmoralisch oder gefährlich einstufen. Dieser Vorstoß stößt jedoch auf heftigen Widerstand von Bibliothekaren, Schriftstellern und Bürgerrechtlern, die die Freiheit der Meinungsäußerung und die Unabhängigkeit der Kultur verteidigen. Die Frage, ob Bücher verboten oder toleriert werden sollten, hat sich zu einem wichtigen politischen und kulturellen Konflikt entwickelt.

Kulturkampf in den USA: Bücherverbote und Zensur auf dem Vormarsch

In den USA tobt ein Kulturkampf – und der richtet sich auch gegen das geschriebene Wort. Laut dem amerikanischen Bibliotheksverband „American Libraries Association (ALA) wurde alleine im vergangenen Jahr gegen mindestens 4,240 unterschiedliche Bücher ein Verbotsantrag gestellt. Zum Vergleich: 2014 waren es nur 183.

Die von der ALA dokumentierten Anträge kommen häufig von konservativen oder rechten Politikern und Elternverbänden. Ziel ist es, die Bücher aus Bibliotheken oder Schulbüchereien zu entfernen. Die Begründung: Die Werke seien anstößig und nicht für Jugendliche oder die Gesellschaft geeignet.

Ein Muster erkennbar

Ein Muster erkennbar

Die Verbotsversuche lassen ein Muster erkennen. Die Vorstöße richten sich in der Regel gegen Bücher, die Themen wie Krieg, Rassismus, Suizid oder Homosexualität behandeln. Sprich: Themen, an denen erzkonservative Menschen ihre Überzeugung deutlich machen können.

Bekannte Beispiele für „Challenged Books“, also Werke, gegen die viele Verbotsgesuche vorliegen, sind „Vielleicht lieber Morgen“ von Stephen Chbosky, ein Buch, in dem es um den Teenager Charlie geht, dessen bester Freund sich das Leben genommen hat – oder „All Boys aren‘t blue“ von George M. Johnson, in dem der amerikanische Journalist vom Aufwachsen als schwarzer, queerer Junge in New Jersey erzählt.

Einflussnahme in Bibliotheken

Einflussnahme in Bibliotheken

Auch in Deutschland sind zunehmend Versuche der „Einflussnahme in Bibliotheken“ zu beobachten, wie der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) berichtet. So gaben 2019 in einer internen Umfrage rund 40 Bibliotheken an, vor allem von privater Seite Anfragen zur Entfernung von Medien erhalten zu haben.

In der Bezirksbibliothek Tempelhof-Schöneberg seien außerdem wiederholt Bücher, die sich kritisch mit Rechtsextremismus auseinandersetzen, zerschnitten worden.

Freiheit der Bücher

Freiheit der Bücher

Jeff Kinney verurteilt Bücherverbote in den USA. Häufig werden Verbotsgesuche mit der „Anstößigkeit“ oder „Ungeeignetheit“ von Werken begründet. Doch sollten Menschen und besonders junge Menschen alles lesen dürfen, was nicht gegen das Gesetz verstößt. Also nicht nur romantische Komödien und Kindergeschichten.

Der dbv formuliert es so: Eine Bibliothek ist genau dafür da, einen ausgewogenen Medienbestand aufzubauen und zur Verfügung zu stellen. Der Versuch, strategisch Bücher zu entfernen oder diese zu zerstören, ist also meistens nichts anderes, als der Versuch, Geschichte und Lebensrealitäten aus der Wahrnehmung verdrängen.

Repräsentation und Identifikation

Repräsentation und Identifikation

Bücher wie „Vielleicht lieber morgen“ oder „All Boys aren‘t blue“ behandeln keine leichten Themen. Es geht um Sexualität, Rassismus, negative Gefühle und manchmal auch um Missbrauch. Doch auf genau diese Weise wird Repräsentation geschaffen. Wer selbst betroffen ist, findet durch das Lesen Identifikationspotenzial und vielleicht sogar Unterstützung. Wer es nicht ist, lernt die Realität anderer Menschen kennen.

Das ist besonders in jungen Jahren wichtig: Kinder und Jugendliche sollten früh in ihrem Leben verstehen, was Rassismus oder Diskriminierung ist – damit sie dieses Muster erkennen und durchbrechen können.

Liberaler Kulturkampf

Auch von liberaler Seite gibt es in den USA immer mal wieder Versuche, Bücher, die als diskriminierend oder beleidigend empfunden werden, von Leselisten an Schulen zu streichen. Darunter zum Beispiel der Klassiker „Wer die Nachtigall stört“ von Harper Lee aus dem Jahr 1960 wegen der Verwendung von Begriffen, die heute als rassistisch empfunden werden oder Ressentiments befördern können.

Zwar finden diese Versuche nicht mit der gleichen Vehemenz wie von rechter Seite statt – der falsche Weg sind sie aber auch.

Konsequenzen der Zensur

Im Falle der Vorstöße von rechter Seite führen die Verbotsversuche in den USA tatsächlich dazu, dass einzelne Bücher in bestimmten Staaten oder Bezirken von Lehrplänen oder aus Büchereien verschwinden. Das ist falsch.

Allerdings werden diese Werke nicht automatisch vergessen. Im Gegenteil: Die „American Library Association“ gibt jedes Jahr eine Liste mit den „Most Challenged Books“ heraus. Viele Bibliotheken führen unter der Kategorie inzwischen sogar eigene Regale.

Forscherinnen und Forscher von der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh kamen 2023 in einer Studie zu dem Ergebnis, dass die Zirkulation verbotener Bücher in öffentlichen Büchereien um etwa zwölf Prozent gestiegen sei. Das Interesse an diesen Werken ist durch die Verbotsgesuche also gewachsen.

Die Bibliothek in Tempelhof-Schöneberg hat die zerstörten Bücher über Rechtsextremismus anschließend besonders präsentiert, die Stadtbibliothek in Neuss stellte die gleichen Werke aus Solidarität sogar in Vitrinen aus. Der Versuch der Einflussnahme kann also auch auf Widerstand stoßen.

Stefan Lehmann

Ich bin Stefan, ein Journalist von der Webseite Uslar Hier, einer nationalen Zeitung für das Zeitgeschehen. Ich liefere die neuesten Nachrichten mit strenger Objektivität und decke eine Vielzahl von Themen ab. Meine Artikel sind gut recherchiert und informieren die Leser über wichtige Ereignisse in der Welt. Meine Leidenschaft für den Journalismus und mein Streben nach Wahrheit spiegeln sich in meiner Arbeit wider, während ich stets daran arbeite, die Leser bestmöglich zu informieren.

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