Der Tod des Komponisten Wolfgang Rihm (Um título sobre el fallecimiento del compositor alemán Wolfgang Rihm)

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Der Tod des Komponisten Wolfgang Rihm

Die Musikwelt trauert um einen ihrer größten Vertreter: Wolfgang Rihm, einer der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart, ist am XX. März 2023 im Alter von 67 Jahren verstorben. Der badische Komponist hat mit seinen Werken, die sich durch ihre Vielfältigkeit und ihre tiefe emotionale Wirkung auszeichnen, einen unverwechselbaren Stil entwickelt, der ihn zu einem der wichtigsten Vertreter der Neuen Musik gemacht hat. Rihm war nicht nur ein großer Komponist, sondern auch ein engagierter Pädagoge und ein streitbarer Musikdenker, der die Musikszene nachhaltig geprägt hat.

Wolfgang Rihm: Ein Komponist, der uns zu neuen Erkenntnissen führte

Wolfgang Rihm: Ein Komponist, der uns zu neuen Erkenntnissen führte

Er konnte einen auf Glatteis führen, foppen, hinters Licht führen – wenn er vor unseren Ohren mit Musik spielte, mit Anspielungen, Zitaten und geborgten Klängen. Manchmal hielt er uns Zückerchen hin und testete unser Assoziationsvermögen. Der Komponist Wolfgang Rihm war ein geistig extrem fordernder Zeitgenosse. Man war seinem Intellekt nicht immer gewachsen. Doch wenn man einen Test bestand, fühlte man sich königlich.

Sein Konzert in G ist so ein Praxis- und Theorietest. Es steht gar nicht in G-Dur, sondern man muss das G auf Italienisch lesen: „Concerto in Sol“. Dieses Sol ist sozusagen die fünfte Stufe eines früheren und in vielen Sprachen noch heute üblichen Tonsystems: Do Re Mi Fa Sol La Si Do. Aber Sol steht auch für die argentinische Cellistin Sol Gabetta. Sie hat das Opus uraufgeführt, und sie drängt sich mit ihrem allerersten Ton in einen Spalt, den ihr zuvor das Horn öffnete, das die Töne Fis und Gis spielt – dazwischen liegt das G, das Sol. Das ist ein Trick, den man nur begreift, wenn man die Noten vor sich hat. Aber dann ist es köstlich. Ein echter Rihm.

Wolfgang Rihm ist jetzt im Alter von 72 Jahren in Ettlingen bei Karlsruhe gestorben, in seiner Heimat also, die ihm immer der Ort des größten Vergnügens und der höchsten Beruhigung war. Er brauchte diese Rückzugsmöglichkeit, weil er halt so sagenhaft produktiv war. Er zählte zu den meistgespielten zeitgenössischen Komponisten Europas. Rihm hinterlässt ein Schaffen von weit mehr als 500 Werken, darunter Opern und große Orchesterwerke, Kammermusik, Musiktheater und Vokalstücke.

Seinen Durchbruch feierte Rihm 1974 auf den Donaueschinger Musiktagen mit der Uraufführung des Orchesterstückes „Morphonie“. Zu seinen zentralen Werken zählen die Opern „Die Eroberung von Mexico“, „Die Hamletmaschine“, „Dionysos“, „Jakob Lenz“, „Proserpina“ und „Das Gehege“ sowie Werke aus seinem Orchesterrepertoire. Er schrieb einen virtuosen, reifen Stil, der ihn in geistige Verwandtschaft zu Hans Werner Henze stellte. Zu den Neutönern, die ihre Hörer komponierend aus dem Saal trieben, zählte er nie.

Untrennbar verbunden war Rihm seit mehr als 40 Jahren mit den Salzburger Festspielen. Dort fanden mehrere Uraufführungen von Rihm-Werken statt, erstmals 1982. Das Festival engagierte ihn zudem für Auftragswerke und widmete ihm mehrere eigene Reihen mit Konzerten. „Mit unerschöpflicher Fantasie, vitaler Schaffenslust und scharfer Selbstreflexion hat Wolfgang Rihm ein gewaltiges Oeuvre geschaffen“, teilte der Intendant der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser, mit. „Er war ein großer Vor- und Nachdenker über Musik – ein Komponist, den ich immer bewundert habe.“

Seine Interpreten waren bei aller Bewunderung immer auch betrübt, was Rihm ihnen abverlangte. Mojca Erdmann, die famose Sopranistin, musste 2010 in Salzburg die weibliche Hauptrolle in Rihms Nietzsche-Oper „Dionysos“ schreiben. Eine absurde Partie. Doch niemand hörte am Uraufführungsabend die Plage, die jeder anderen die Ortung der schwindelerregend hohen und wie wild über die Notenlinien gewürfelten Töne bereitet hätte; keiner vernahm die Mühe, die das Lernen und Memorieren solcher Partien bereitet.

In Rihms abweisend schwerer Partitur, in der die Sängerin den umnachteten Philosophen Nietzsche als plappernde Nymphe anlockt, ihn als laszive Hure umschmeichelt und als sphinxhafte Ariadne verlässt, gibt es Momente eines vokalen Zickzacks, einer ungesicherten Kletterei, dass man eigentlich den Alpenverein einschalten möchte.

Erdmann gelang das Wunder, dass ihre Stimme auch in dreigestrichenen Problemzonen nie an Wärme und Wohllaut verlor. Wo andere Sopranistinnen weiß, eng, piepsig-soubrettenhaft oder gar nach Akupunktur klangen, tönte Mojca Erdmanns Sopran lyrisch und wie mit Samt ausgeschlagen. Wie eine moderne Zerbinetta zwitscherte sie, treffsicher, steil und lerchenhaft aufsteigend und alles in wunderschönem Legato gebunden.

Rihm soll sie hinterher mit Tränen in den Augen umarmt haben.

Rihm war kulturpolitisch enorm engagiert. Er saß im Präsidium des Deutschen Komponistenverbands, des Deutschen Musikrats, er war Kuratoriumsmitglied der Heinrich-Strobel-Stiftung und Mitglied des Gema-Aufsichtsrates. Bis zuletzt war er auch als Künstlerischer Leiter der Akademie in die Planungen des Lucerne Festivals eingebunden. Rihm liebte die Strippen. Aber er konnte seine Musik auch schon mal von der Leine lassen – und dann begriff man, dass er womöglich der letzte Romantiker seiner Zunft war. Wir verneigen uns.

Dieter Meier

Ich bin Dieter, ein Experte von der Webseite Uslar Hier, einer nationalen Zeitung für das Zeitgeschehen. Als Autor liefere ich die neuesten Nachrichten mit strenger Objektivität. Meine Artikel sind fundiert und informativ, um den Lesern einen umfassenden Überblick über aktuelle Ereignisse zu bieten. Mit meiner langjährigen Erfahrung und meinem Fachwissen in verschiedenen Themenbereichen trage ich dazu bei, dass die Leser stets gut informiert sind.

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