Uraufführung von 'Moscoviada' von Juri Andruchowytsch im Central
Am 16. Oktober 2022 wird im Central, einem der renommiertesten Theater in der Stadt, die Uraufführung von 'Moscoviada' stattfinden, einem aufsehenerregenden Werk des ukrainischen Schriftstellers Juri Andruchowytsch. Dieses literarische Meisterwerk, das 2014 auf Ukrainisch veröffentlicht wurde, erzählt die Geschichte einer Gruppe von Menschen, die in der turbulenten Zeit der Orange Revolution in der Ukraine leben. Die Inszenierung wird von einem Team erfahrener Regisseure und Schauspieler umgesetzt, die sicherstellen, dass die Zuschauer von dieser emotionalen und politisch aufgeladenen Geschichte tief berührt werden.
Juri Andruchowytsch: Moscoviáda eröffnet das AsphaltFestival im Central
Das Asphalt-Festival zeigte auch in diesem Jahr seine besondere Solidarität mit der Ukraine. Der Schriftsteller Juri Andruchowytsch hielt einen politischen Vortrag, und am gleichen Abend war die Theaterfassung seines Romans Moscoviáda als tschechisches Gastspiel im Central am Hauptbahnhof zu erleben.
Uraufführung von Moscoviáda
Juri Andruchowytsch erzählt von der Zerstörung eines Imperiums auf der Bühne. Die Geschichte Russlands ist die Geschichte mehrerer Tyranneien und sonst nichts, so der Autor. Ende der 1980er-Jahre war Andruchowytsch zum Studium an das Moskauer Literaturinstitut Maxim Gorki gekommen. Dort wurde er Zeuge, wie sich die politischen Ereignisse überschlugen.
Das Kollektiv Divadlo X10 aus Prag ist eine offene Plattform für zeitgenössisches Theater. Moscoviáda ist, in der Regie von Dušan David Pařizek, ein wahrhaft absurdes Spektakel: An einem trüben Herbstmorgen im Moskau des Jahres 1991 wacht Otto von F., Literaturstudent aus der Westukraine, im Wohnheim des Gorki-Instituts auf.
Er ist noch verkatert, doch schon auf der Suche nach dem nächsten Schluck Alkohol. So beginnt eine fantastische Reise durch die Hauptstadt eines zerfallenden Großreichs. Hierbei trifft Otto, als Alter Ego des Autors, auf die merkwürdigsten Gestalten. Und landet schließlich in der Gewalt von Geheimnisbeamten, die in den Katakomben unter dem Kreml ein gigantisches Rattenheer züchten.
Auf der Bühne agiert, wortstark und zeitweise äußerst destruktiv, das tschechische Theaterkollektiv Divadlo X 10. Zu Beginn ist von Puschkin die Rede, nicht von der Wodkamarke, sondern von Alexander Sergejewitsch Puschkin.
Jenem russischen Nationaldichter, vor dessen Moskauer Denkmal sich die Reichsbürger aller Teilrepubliken bei ihren Besuchen in der Hauptstadt scharen. Denn was macht den Reiz einer Metropole aus, wenn nicht seine Attraktionen? Also neben Puschkin und dem Leninmausoleum die Metro sowie das Kaufhaus Gum.
In Anspielung auf eine dort vertretene deutsche Marke träumt der verkaterte Otto von Schuhen mit drei Streifen. Er selbst verirrt sich allerdings irgendwann in das Kaufhaus Kinderwelt. Seine Kumpane und er leiden unter Nachdurst, weil einer von ihnen bei der Suche nach Wodka aus dem siebten Stock des Wohnheims gefallen ist.
Ich bin zu betrunken für den Nachtigallenschlag meiner Gedichte, säuselt Otto einer besseren weil nüchternen Welt hinterher. Seine ausufernde Suada wird von dem nächsten sinnfreien Redeschwall des Saufkumpans abgelöst. Irgendwann stellt man fest, dass Bananen fehlen, mehr aber noch ein versprochener Fischbissen.
Es folgt ein bewährter Aufruf zur Hilfe in der Not: Die Internationale erkämpft das Menschenrecht. Juri Andruchowytsch erzählt von der Monstrosität eines zerfallenden Imperiums mit der Monstrosität von Sprache. Seine Protagonisten sind keine Puschkin-Figuren. Vielmehr traurige Clowns aus einem Beckett-Drama, die ohne besondere Hoffnung auf das Endspiel warten.
Das Stück ist keine leicht verdauliche Kost. Umso mehr aber ein Grund, den furiosen Leistungen der tschechischen Darsteller Beifall zu spenden.
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